Übersetzt aus dem Lateinischen bedeutet „Prokura“ das „Tragen der Sorge für einen anderen“ und bezieht sich auf den geschäftlichen Bereich und die Übernahme aller Geschäftsvorgänge im Auftrag des Unternehmens und dessen Inhabers. Die Prokura stellt die rechtsgeschäftliche Handlungsvollmacht dar und umfasst nicht nur alle wichtigen Rechtshandlungen, sondern auch das eigenständige Entscheidungstreffen im Sinne des Unternehmens. Damit ist sie die gesetzlich unbeschränkte Handlungs- und Vertretungsmacht für den handelsrechtlichen Verkehr.
Die Prokura-Erteilung ist persönlich oder ausdrücklich durch einen Geschäftsmann oder Inhaber eines Handelsgeschäfts notwendig und richtet sich auf eine natürliche Person und nicht auf eine juristische. Handelt es sich um eine GmbH, ist ein Gesellschaftsbeschluss nötig, um die Vertretungsmacht zu gewährleisten. Kenntnis über die Prokura-Erteilung haben der Prokurist und der Geschäftsinhaber. Möglich ist zudem die öffentliche Bekanntmachung.
Nach der Erteilung wird sie ins Handelsregister eingetragen. Von da an darf der Prokurist Verträge unterzeichnen und fügt der Unterschrift den Zusatz „pp“ oder „ppa“ hinzu, um sich als dieser auszuweisen.
Prokuristen werden durch das Unternehmen bevollmächtigt, alle Firmengeschäfte zu tätigen und die dazu notwendigen Verträge zu unterzeichnen und abzuschliessen. Die Verantwortung ist gross und richtet sich auch auf die Aufnahme eines Darlehens oder auf das Einstellen oder Entlassen von Personal.
Prokuristen dürfen Prozesse führen, die Arbeit des Unternehmens auf eine neue Branche ausrichten und tiefgreifende Entscheidungen treffen, die Erfolgs- oder Verlustgeschäfte nach sich ziehen können. Daher unterscheidet sich die Prokura noch einmal von der Generalhandlungsvollmacht, bei der Einschränkungen des Handlungsspielraums möglich sind.
Prokuristen sind u. a. verantwortlich für folgende Bereiche:
In Ausnahmefällen erhalten Prokuristen die Ermächtigung, Grundstücke zu belasten, zu kaufen oder zu veräussern. Das ist jedoch selten der Fall. Die Ermächtigung gilt in der Regel für alle Formen der gerichtlichen und aussergerichtlichen Rechtshandlungen.
Die Bevollmächtigung einer Person als Vertretung ist besonders in grossen Unternehmen üblich. Dabei gibt es Abstufungen in der Art. Geschäftsführer können wählen, welche Variante im Fall der jeweiligen Firma sinnvoll ist. Typische Formen sind:
Die wichtigsten Prokura-Formen sind die Einzel- und Gesamtprokura. Sie haben immer die Aufgabe der Entlastung für das Unternehmen und ermöglichen beide, dass der Repräsentant des Unternehmens stellvertretend handelt und die kaufmännischen Vorgänge übernimmt und ausführt. Dabei ist die Einzelprokura die Verpflichtung durch eine einzige Person, die das Unternehmen nach aussen hin vertritt. Die Gesamtprokura dagegen verteilt die Verantwortung auf mehrere Prokuristen, die nur gemeinsam Entscheidungen treffen können und keiner für sich. Die Verträge benötigen unter diesen Bedingungen entsprechend jeweils zwei oder mehr Unterschriften, es sei denn, es handelt sich um eine halbseitige Gesamtprokura.
Eine Einzel- oder Gesamtprokura kann innerhalb eines Unternehmens zwar begrenzt sein, wenn interne Absprachen getroffen sind, nach aussen hin gilt sie jedoch immer als uneingeschränkt und ist weder auf Orte oder Zeit noch auf Geldbeträge und Rechtsgeschäfte beschränkt. Das ist notwendig, damit Geschäftspartner auf die Berechtigung des Prokuristen vertrauen können und keine umständliche Recherche starten müssen, ob der Vertrag rechtsgültig ist.
Dabei haftet immer der Geschäftsinhaber und nicht die Prokuristen. Möglich ist eine Prokura-Haftung, wenn Prokuristen zum Schaden des Unternehmens handeln, so dass sie nachträglich zur Verantwortung gezogen werden. Ansonsten haften sie lediglich gegenüber dem Geschäftsinhaber oder der Geschäftsführung, nicht gegenüber den jeweiligen Geschäftspartnern.
Für den Handlungsfreiraum gilt, dass die Prokura-Erteilung uneingeschränkt gültig ist. Begrenzungen erfolgen intern oder beziehen sich für gewöhnlich auf die privaten Angelegenheiten des Geschäftsinhabers, darüber hinaus auf Grundlagen- und Inhabergeschäfte, die eine Änderung des Unternehmensgegenstands bewirken, so den Verkauf des Unternehmens. Auch können Prokuristen keiner anderen Person die Prokura erteilen oder die Aufgabe auf einen anderen übertragen. Das Recht dazu hat lediglich der Geschäftsinhaber. In GmbHs gilt das Gesellschaftsrecht, so dass die Gesellschafter entscheiden.
Generell dürfen Prokuristen folgende Handlungen nicht ausführen:
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Jede Prokura erhält in der Praxis mit einem Handelsregistereintrag ihre Gültigkeit, ist aber ebenso ohne Eintragung wirksam, bis diese erfolgt. Hinterlegt wird sie im Firmenbuch, wobei zusätzlich eine Musterunterschrift notwendig ist, die als Vergleich herangezogen werden kann. Erteilt wird sie immer nur durch den Geschäftsinhaber, während eine konkludente oder stillschweigende Erteilung nicht möglich ist.
In erster Linie ermöglicht die Prokura eine erhebliche Entlastung für das Unternehmen und erspart für Geschäftspartner zeitraubende Nachforschungen, ob Vollmachten vorhanden sind oder nicht. Dabei kann diese nicht eingeschränkt werden, weder in persönlicher, sachlicher, örtlicher, zeitlicher oder sonstiger Hinsicht, es sei denn, die Beschränkungen sind firmenintern genau festgelegt. Mit der Eintragung gilt die Handlungsvollmacht und Vertretung des Geschäftsführers.
Der Prokura-Entzug oder Widerruf ist jederzeit möglich, wenn der Geschäftsinhaber mit der Arbeit des Prokuristen nicht mehr zufrieden ist oder dieser gegen die Unternehmensphilosophie handelt. Wirksam wird der Prokura-Entzug, wenn eine Löschung im Register erfolgt ist. Der Widerruf benötigt keine Berücksichtigung von Rechtsverhältnissen und hat darum Geltung, damit Inhaber sich gegen eine mögliche Abhängigkeit vom Prokuristen wehren können.
Prokuristen handeln lediglich im Auftrag von Geschäftsführern, sind selbst jedoch keine. Sie sind dem Inhaber daher nicht gleichgestellt, sondern höhere Mitarbeiter seines Vertrauens, die durch Vollmachten alle kaufmännischen Handlungen vollführen. Möglich ist es jedoch, dass Prokuristen mitverantwortliche oder vorübergehende Geschäftsführer werden, wenn eine dauerhafte Entlastung benötigt wird oder der Geschäftsinhaber in Abwesenheit vertreten werden muss.
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