Bulimie erkennen

Wenn die Gewichtskontrolle zur Sucht wird

Die Zahl derjenigen, die unter einer der beiden Hauptformen von Essstörungen leiden, der Bulimie und der Anorexie, ist in den vergangenen Jahrzehnten angestiegen. In der westlichen Welt kontrollieren rund zwei Drittel der Jugendlichen und jungen Erwachsenen regelmässig ihr Körpergewicht. Selbst anorektische Patienten empfinden sich aufgrund ihrer Körperwahrnehmungsstörung noch als zu dick. Deshalb muss dieses Phänomen unbedingt ernstgenommen werden.
Bulimie erkennen

Wenn Heisshungerattacken die Gesundheit gefährden

Essstörungen treten in Industrieländern, in denen Nahrungsmittel im Überfluss vorhanden sind, weit häufiger auf als in den Entwicklungsländern. Betroffen von der Krankheit sind vor allem Mädchen und junge Frauen. Rund 80 bis 95 Prozent der Betroffenen sind weiblich und die meisten davon zwischen 15 und 35 Jahre alt. Obwohl das Störungsbild weiblich ist, darf nicht vergessen werden, dass Männer die gleichen Symptome wie Hungern, Erbrechen und ebenso Heisshungerattaken entwickeln können.

Der Beginn der Essstörungen

Das Problem der Bulimie-Störung fängt gewöhnlich damit an, dass die Betroffenen in der Kindheit oder frühen Adoleszenz mit ihrem Körper unzufrieden sind. Sie sind der Meinung, ein paar Kilogramm abnehmen zu müssen. Nur dann sind sie attraktiv, werden geliebt und bekommen Anerkennung. Diäten werden begonnen und das Kalorienzählen wird zum zentralen Lebensinhalt. Die Betroffenen werden vom Gedanken an einen schlanken, perfekten Körper geradezu besessen und die grösste Angst besteht darin, ein paar Kilogramm wieder zuzunehmen. Alle Gedanken drehen sich nur mehr um Ernährungsfragen, um das Gewicht, um Diäten und um das Aussehen im Allgemeinen.

Stark gezügeltes Essverhalten bei Bulimie

Die von Störungen betroffenen Patienten weisen ein stark gezügeltes Essverhalten auf. Die Betroffenen essen sehr wenig, teilweise gar nichts, bis diese Hungerphase von einem Essanfall unterbrochen wird. Während der Phase des gezügelten Essens werden zahlreiche Lebensmittel nicht konsumiert, weil sie als dick machend bezeichnet werden. Oft essen die Betroffenen nur mehr ein oder zwei unterschiedliche Lebensmittel, die keine oder nur wenige Kalorien haben. Deshalb zeigt sich bei den Betroffenen der biologische Zustand der Mangelernährung. Paradoxerweise werden bei den für die Bulimie typischen Essanfällen, Unmengen an jenen Nahrungsmitteln verschlungen, die sonst als dick machend verpönt sind. Bei einem Essanfall werden durchschnittlich 3.000 bis 4.000 Kalorien verschlungen, wobei in der medizinischen Literatur von Essanfällen mit 15.000 Kalorien berichtet wurde. Die Betroffenen versuchen nach dem Essanfall das Gewicht wieder zu reduzieren. Ein Teil der Patienten führt nach dem Essanfall direkt ein absichtliches Erbrechen herbei, ein Teil der an Bulimie erkrankten Personen entledigen sich der aufgenommenen Nahrung durch Abführ- und Entwässerungsmittel. Eine übertriebene sportliche Betätigung soll ebenfalls Kalorien verbrennen und zu einem merkbaren Gewichtsverlust führen.

Die Ursachen der Essstörung

Auslösende Faktoren sind beispielsweise Trennung, Verlust, neue Leistungsanforderungen sowie körperliche Krankheiten. Wie bei Angststörungen entwickeln die Betroffenen Strategien zur Vermeidung: Reduktion des Gewichtes durch extremes Hungern, Erbrechen und Abführmittelmissbrauch. Auf diese Weise wird die Konfrontation mit den angstauslösenden Ursachen vermieden, und zwar mit Erfolg. Gleichzeitig merken die Betroffenen, dass sie durch die Nahrungsverweigerung Aufmerksamkeit bekommen und damit die Möglichkeit haben, sich gegenüber den Eltern und dem Freundeskreis durchzusetzen. Die häufigsten auslösenden Faktoren sind:

  • Vorgegebene Schönheits- und Schlankheitsideale
  • Lernerfahrung mit Nahrungsaufnahme
  • Biologische Faktoren
  • Irrationale kognitive Schemata
  • Probleme im Familien- und Freundeskreis

Essstörungen führen zu körperlichen Veränderungen

Durch das häufige Erbrechen und die damit hochkommende Magensäure kommt es zu Schädigungen der Speiseröhre, der Speicheldrüsen, des Magens und des Zahnschmelzes. Sowohl das Erbrechen wie der Abführmittelmissbrauch führen zu Elektrolytstörungen und zu lebensbedrohlichen Nierenschädigungen. Beinahe alle Körperfunktionen sind betroffenen: Der Blutdruck und die Körpertemperatur sinken, der Puls verlangsamt sich, der Kalziummangel in Verbindung mit einem niedrigen Östrogenspiegel führt zu einer Verringerung der Knochendichte und erhöht die Gefahr von Knochenbrüchen und Osteoporose.

Psychische Veränderungen

Neben den körperlichen Veränderungen kommt es durch die Bulimie zu psychischen Veränderungen. Früher wurden diese Veränderungen als Symptome der Essstörung bezeichnet. Heute weiss man, dass es sich dabei um Folgeerscheinungen der Mangelernährung handelt. So fällt beispielsweise im Verhalten von an Bulimie erkrankten Personen eine zwanghafte Beschäftigung mit Essen und Ernährungsfragen auf. Viele Betroffene sammeln Kochbücher und kennen jede Diät. Oft werden sogar bizarre Essrituale entwickelt. Bei Heisshungerattacken richten sich Betroffene beispielsweise Portionen in präziser Ordnung auf dem Tisch an, die sie in einer bestimmten Reihenfolge essen.

Die Behandlung der Bulimie

Wichtig ist, die Essstörung so früh als möglich zu erkennen. Nur dadurch kann rechtzeitig interveniert und einer Verfestigung der negativen Verhaltens- und Erlebnismuster vorgebeugt werden. Bei den meisten Betroffenen ist eine ambulante psychologische Therapie angebracht. Zu empfehlen ist ausserdem ein gezieltes Ernährungsmanagement, um der Mangelernährung entgegenzuwirken. Langfristig muss ein Konzept erarbeitet werden, welche alternativen Möglichkeiten es gibt, diverse Probleme zu lösen oder zu bewältigen. Nach der ausführlichen Problemanalyse durch Psychologen oder Psychiater kommen unterschiedliche Therapiestrategien zum Einsatz. Die zwei wichtigsten Säulen in der Therapie sind die kognitiven Techniken und das soziale Kompetenztraining. Mit spezifischen Körperübungen wird die Körperwahrnehmung der Betroffenen verändert. In fast allen Fällen ist es hilfreich, die Familie in die Therapie einzubeziehen.

Wenn Sie bei sich, bei Ihrem Kind oder einem Familienmitglied Störungen bezüglich des Essverhaltens merken, verlieren Sie keine wertvolle Zeit, sondern holen Sie sich fachliche Hilfe. Bei local.ch finden Sie Psychiater, Psychologen und Heilpraktiker, die durch die gezielte Therapie für eine Normalisierung des Essverhaltens sorgen.

Die häufigsten Fragen zu der Essstörung

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Wie können Essstörungen entstehen?

Bulimie entsteht nicht durch eine einzelne Ursache. Multikausale Erklärungsmodelle, die sowohl körperliche als auch soziale und kognitive Verhaltensprozesse einbeziehen, werden dem Krankheitsbild, das sehr komplex ist, eher gerecht. Prädisponierende Faktoren erhöhen das Risiko an Bulimie zu erkranken. Zu diesen Faktoren zählen vorgegebene Schönheitsideale, irrationales Denken, biologische Faktoren und Lernerfahrungen im Hinblick auf die Nahrungsaufnahme.

Welchen Unterschied gibt es zwischen der Magersucht und der Bulimia nervosa?

Im Gegensatz zur Magersucht, Anorexia nervosa, sind die von einer Bulimie Betroffenen meist nicht untergewichtig, sondern normalgewichtig. Die Magersucht und die Bulimie beginnen meistens in der Adoleszenz, die Bulimie jedoch ungefähr zwei bis drei Jahre später als die Magersucht. Beide Arten der psychisch bedingten Essstörungen können ineinander übergehen. Insbesondere bei der Bulimie ist das herbeigeführte Erbrechen häufig.

Welche psychosozialen Veränderungen treten auf?

Neben körperlichen Veränderungen kommt es durch die Mangelernährung zudem zu psychosozialen Veränderungen. Oft kommt es zu einer ausgeprägten depressiven Verstimmung und zu Reizbarkeit. Das krankhafte Essverhalten führt zu einer sozialen Isolation und zu einem Desinteresse an Familie, Freunden und Hobbys. Durch die Isolation vergrössern sich die Defizite in den Bereichen der Selbstwahrnehmung und des Selbstwertes.

Welche Faktoren können Bulimie auslösen?

Der Beginn der Essstörung fällt oft mit besonderen und kritischen Lebensereignissen zusammen. Diese bringen das psychische Gleichgewicht durcheinander. Es ist unmöglich, die Situation zu bewältigen und sich den veränderten Lebenssituationen anzupassen. Solche Situationen können die Trennung der Eltern sein, manchen Betroffenen fällt es schwer, die körperlichen Veränderungen der Pubertät zu akzeptieren und andere kommen mit der erwachsenen Sexualität nicht zurecht.

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